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Bezüge aus der 2. / 3. Säule: Wird die Besteuerung zum Spielverderber?

Der Bundesrat will Kapitalbezüge aus der 2. und 3. Säule höher besteuern, um Renten steuerlich anzugleichen und die Sozialversicherungen zu stärken.

Wie ist der Stand der Dinge?

Die Vernehmlassungsfrist endete am 5. Mai 2025. Der Bundesrat wird nun die eingegangenen Stellungnahmen auswerten, seinen Entwurf gegebenenfalls anpassen und anschliessend dem Parlament vorlegen. Bei Annahme der Vorlage wird das Inkrafttreten frühestens am 1. Januar 2027 erwartet.
Die Reform sieht eine progressive Besteuerung vor, welche den heutigen reduzierten Satz ablöst und sich besonders auf hohe Kapitalbezüge auswirkt.


Zahlenbeispiel: vorher / nachher

Quelle: Bundesrat, Entwurf 2025. Die Sätze und Beträge sind Richtwerte und können kantonal variieren.


Eine gesellschaftliche Debatte: Zwischen Steuergerechtigkeit, Vertrauen und Systemzukunft

Die Besteuerung von Kapitalbezügen betrifft grundlegende Fragen von Fairness, Vertrauen in die Altersvorsorge und Zukunftsfähigkeit des schweizerischen Sozialversicherungssystems.

Die Reaktionen auf das Projekt fallen unterschiedlich aus und spiegeln vielfältige Perspektiven wider. Im Folgenden eine detaillierte Analyse der Positionen der verschiedenen Akteure.


Der Bundesrat und die Befürworter der Reform

Der Bundesrat stützt seine Argumentation auf folgende Hauptpunkte:

  • Stärkung der Sozialversicherungen: Angesichts der alternden Bevölkerung und der Belastung der AHV soll die Reform zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von mehreren hundert Millionen Franken jährlich generieren, um die Stabilität des Systems zu sichern.
  • Steuergerechtigkeit: Kapitalbezüge werden heute deutlich niedriger besteuert als Renten, was eine Ungleichbehandlung darstellt. Der Bundesrat will eine Gleichstellung schaffen, sodass die Entscheidung zwischen Rente und Kapital nicht aus steuerlichen, sondern aus persönlichen Gründen getroffen wird.
  • Bekämpfung von Steueroptimierung: Der Bundesrat will Strategien einschränken, bei denen durch Kapitalbezug und Wegzug aus der Schweiz eine tiefere Besteuerung erreicht wird.
  • Harmonisierung und Transparenz: Durch die Abschaffung der Unterscheidung zwischen Verheirateten und Ledigen wird das Steuersystem vereinfacht und transparenter gestaltet.


Bürgerliche Parteien (FDP, SVP) und die Wirtschaft

Die bürgerlichen Parteien sowie viele Wirtschaftsvertreter sprechen sich klar gegen die Reform aus:

  • Eingriff in die individuelle Vorsorge: Die Reform benachteiligt freiwilliges Sparen und individuelle Verantwortung – zentrale Werte des schweizerischen Modells. Eine höhere Besteuerung wird als Bestrafung wahrgenommen.
  • Vertrauensverlust: Viele Menschen haben ihre Pensionierung auf Basis der heutigen Regeln geplant. Eine Änderung wird als Vertrauensbruch empfunden und könnte die langfristige Vorsorgebereitschaft schwächen.
  • Wirtschaftlicher Schaden: Höhere Steuern auf Kapitalbezüge könnten Investitionen und Konsum hemmen und langfristig die Wirtschaft belasten.
  • Bürokratischer Aufwand: Neue Tarife und komplexere Berechnungen erhöhen den Aufwand für Bürger und Steuerbehörden.


Die Vorsorgebranche (Pensionskassen, Versicherer, Berufsverbände)

Die Akteure der Vorsorgebranche äussern spezifische – oft technische – Bedenken:

  • Planungsunsicherheit: Die Reform schafft Unsicherheit bei Personen kurz vor der Pensionierung, die auf eine stabile Planung angewiesen sind.
  • Verlust der Attraktivität des Systems: Die Flexibilität der Wahl zwischen Rente und Kapital – ein Vorteil des Schweizer Systems – könnte verloren gehen.
  • Vorzeitige Bezüge: Experten befürchten eine Welle von Kapitalbezügen vor dem Inkrafttreten, was kurzfristig sogar zu Steuerausfällen führen könnte.
  • Alternative Ansätze: Die Branche schlägt andere Wege zur Stärkung der Vorsorge vor, wie eine schrittweise Anhebung des Rentenalters, bessere Koordination der Säulen oder Anreize zugunsten der Rente.


Wie geht es weiter?

Die Vernehmlassung ist abgeschlossen, das Parlament ist am Zug. Die kommenden politischen Diskussionen werden die Zukunft der Besteuerung von Vorsorgeleistungen prägen.
Jetzt ist der richtige Moment, sich zu informieren, vorauszudenken und die eigene Vorsorgestrategie zu diversifizieren.
Teilen Sie uns Ihre Meinung mit oder kontaktieren Sie uns – wir beraten Sie gerne zu den konkreten Auswirkungen dieser bedeutenden Reform!


Michel Mazenauer
Executive Director

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